Freitag, 28. November 2008

da simma dabei: mo, 01.12.08 vereinsheim münchen:

Liebe Freunde der Wirtshauskultur
Schon seit den 50er Jahren ist das heutige Vereinsheim ein kunstsinniger Ort: von 1957 bis 74 stand die legendäre Schwabinger Gisela allabendlich auf der dortigen Bühne, danach übernahm Günter Valerien das Lokal. Er nannte es Dr. Flotte und bot vier mal die Woche Live-Rock Konzerte für sein Publikum. Als das Lokal 1994 zum „ Altschwabinger Wirtshaus“ wurde, gab es regelmäßig Jazzkonzerte und die legendären Sonntags-Dixie-Frühschoppen. Auch zu dieser Zeit war das Lokal nur als Schank-und Speisewirtschaft konzessioniert. Seit 2006 betreiben nun wir das Lokal, und wie von selbst fanden sich zahlreiche Kabarett-Nachwuchskünstler und Kabarett-Althasen, die dem Charme der kleinen Bühne nicht widerstehen konnten. Schnell haben sich Veranstaltungsreihen zu Publikumslieblingen entwickelt, wie etwa die Schwabinger Schaumschläger Show, eine Lese-Reihe, die selbst vom Kulturamt der Stadt gefördert wird, oder dem Blickpunkt Spot, bei dem allmontaglich junge Nachwuchskünstler und gestandene Kabarettprofis zu kleinem Geld einen beliebten Mix-Abend bestreiten, und die „Schwabinger Bürgerversammlung“, die wohl bei der nächsten Stadtratswahl mit einer eigenen Liste antreten wird mit dem Motto „Engagement ist keine Ausrede“.
Weil die Behörden der Stadt München aber seit kurzem der Meinung sind, dass im Rahmen der bestehenden Konzession als Schank- und Speisewirtschaft mehr als zwei Live-Veranstaltungen im Monat nicht gestattet sind (und auch diese müssen vom KVR als kulturtauglich bestätigt und genehmigt sein) ist es uns untersagt worden, weiterhin Live- Veranstaltungen auf unserer kleinen Bühne durchzuführen. Was wir dürfen: Fußball auf Leinwand zeigen. Und wir dürfen Konzerte auf Leinwand zeigen. Wir dürfen die Superstars von RTL zeigen und wir dürfen zur kulturellen Erbauung Spielautomaten aufstellen.
Wir dürfen NICHT: Lesungen und Kabarettveranstaltungen live zeigen.
Wie immer befolgen wir natürlich jede Weisung der Behörden sofort und stellen uns mit dem Blickpunkt Spot am kommenden Montag schon mal darauf ein: Wir werden im Keller ein bisschen aufräumen und den Blickpunkt Spot dort stattfinden lassen. Da passen leider nur die Künstler hinein. Die Gäste können sich diese denkwürdige Art des Entertainments im beliebten Künstler-Viertel Schwabing dann live auf Großbildleinwand im Vereinsheim anschauen.
Folgende Künstler werden an diesem Abend im Keller gastieren: Erwin Pelzig, Willy Astor, Luise Kinseher, Andreas Rebers, Ingo Börchers, Okin, Norbert Heckner, und Überraschungsgäste.

Das Kreisverwaltungsreferat und die Lokalbaukommission fordert von uns nun nach 50 Jahren des Betriebs einen Bauantrag zum Zwecke einer Umkonzessionierung in eine Speise und Schankwirtschaft mit regelmäßigen Vergnügungen. Diese Aktion würde uns ca. 15000€ kosten und dann sei laut Behördenauskunft nicht sichergestellt, dass das Verwaltungsgericht dem stattgibt.
Zur Situation : Wir haben seit ca. 10 Monaten keine Lärmbeschwerde, es ist lediglich die Anzahl der Veranstaltungen, die den Ämtern Kopfzerbrechen bereitet und sie Bußgelder aussprechen lässt. Es gibt in der Gaststättenverordnung einen Passus, der kulturelle Veranstaltungen von einer Genehmigung ausdrücklich ausnimmt, der aber vom KVR nicht angewendet wird. Der jetzige Betrieb mit den Lesungen und Kleinkunstabenden ist vom Schwabinger Bezirksausschuss in einem Schreiben des Vorsitzenden Herrn Lederer-Piloty ausdrücklich gewünscht. Und es gibt noch eine kleine Freiheit auf Ausübung von Kultur, die im Grundgesetz verankert ist. Die üben wir aus. Und wenn auch alles im Keller ist.

Über jede Art der Berichterstattung/ Weiterleitung würden wir uns natürlich sehr freuen. Kommen Sie zahlreich und vermehren Sie sich.

Habedieehre Till Hofmann www.vereinsheim.net